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Dr. Elisabeth Reis, Weingartenstraße 31, 54492 Zeltingen-Rachtig, 06532-3339, reis.zeltingen-rachtig@freenet.de
Stand: 30.05.2010
Hintergrund-Informationen für die Berichterstatter und für weitere Interessierte und Beteiligte
(Pet 1-17-12-9110-007302)
1. Unsere Region: Das „Herz der Mittelmosel“ - schön und erfolgreich
Panoramaschleife bei Ürzig (Foto: Susanne Schug)
1.1 Bevölkerung
Der so genannte Hochmoselübergang, gegen dessen Bau sich die Petition wendet, würde vor allem die große Moselschleife zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach treffen. Diese wird, wegen ihrer zentralen Lage, ihrer Form und ihrer Bedeutung auch das „Herz der Mittelmosel“ oder auch Moselhandschuh genannt. Die halbinselförmig umschlossene Landfläche, die den umliegenden Orten als Naherholungsgebiet dient, wird „Moselsporn“ genannt.
U
Regionalkarte: Georg Laska
Die Gemeinden gehören dem Landkreis Bernkastel-Wittlich an, in dem Vollbeschäftigung herrscht. Die Bevölkerungsdichte liegt bei knapp 110 Einwohnern pro Quadratmeter2. Die Arbeitslosenquote im Kreis Bernkastel-Wittlich betrug im April 2010 3,9%. Damit liegt der Kreis unter dem Landesdurchschnitt Rheinland-Pfalz von 6% und unter dem Bundesdurchschnitt von 8,1%.3
Es herrscht Vollbeschäftigung.
1.2. Kulturlandschaft
„Der Römer Ausonius und der Gallorömer Fortunatus besangen sie, Goethe lobte sie, Mary Shelley rühmte sie, Kurt Tucholsky genoss sie, Rudolf Binding verharmloste sie.“4 gemeint ist die Mosel, die, reich an Geschichte, Kultur und landschaftlicher Schönheit bis heute Menschen aus aller Welt in ihren Bann zieht.
Geschichte (in Stichworten) Besiedlung in Wehlen, ca. 5.000 vor Christus. In Rachtig gibt es Funde, die vermuten lassen, dass eine Besiedlung in der Altsteinzeit stattfand. In Zeltingen Funde aus der Jungsteinzeit. In der Nähe der Zeltinger Rosenburg (Burg direkt unterhalb der Trasse) wurden Reste römischer Besiedlung gefunden (300 n. Chr.).
In den ersten Jahrhunderten nach Christus erlebte nicht nur Trier als Kapitale des römischen Reiches nördlich der Alpen eine Blütezeit, sondern die ganze Mosel. Es finden sich zahlreiche Römerkeltern insbesondere auch an der Mittelmosel, die hier eine alte Weinkultur bezeugen (siehe unter „Denkmäler“).
Der aus Bordeaux stammende römische Staatsbeamte, Prinzenerzieher und Dichter Ausonius beschreibt in seinem Gedicht „Mosella“ bereits 371 begeistert die Mosel als Wein-Kulturlandschaft.
1401
wurde in Kues Nicolaus, genannt Cusanus geboren, ein
Sagen, Legenden und Schnurren rund um die Gebiete, durch die die Trasse führen würde Das Gebiet ist sagenumwoben. Näheres dazu im Anhang – für speziell Interessierte.7 Auffallend an den Sagen ist, dass der Wein sehr häufig eine zentrale Rolle spielt. Kunst (Gemälde, Fotographie, Architektur)
Gemälde
Im Nationalatlas für die Bundesrepublik Deutschland (Band: Bildung und Kultur) ist eine Karte eingezeichnet, die sich mit der Anzahl der Motive in der Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts befasst.
Bei der Landschaftsmalerei ist eine deutliche Konzentration der Motive an der Mosel insgesamt auffallend, die mit 100 bis 400 Motiven in der gleichen Kategorie wie der viel längere Rhein liegt. Eine klare Konzentration liegt mit der Kategorie 25-50 an der Mittelmosel.
Auffallend ist, dass das UNESCO Weltkulturerbe Mittleres Rheintal hier doch wesentlich seltener als Motiv gewählt wurde.
Bekanntester Maler: William Turner (1775-1851): Werk (u.a): Bernkastel an der Mosel (1824) und die „Burg Landshut“ in Bernkastel (von der aus man im übrigen wohl auch die Hochmoselbrücke sehen würde). Fotografie
Unzählige Motive existieren aus dem Mittelmoseltal. Das ist so offenkundig in allen Werken, die sich mit der Mosel befassen, dass es sich erübrigt, in einem ersten Schritt den Versuch einer Zusammenstellung zu machen.
Architektur
Fachwerk, Bruchstein und Schiefer Eine immense Anzahl an Fachwerkhäusern schmücken die Dörfer und die Stadt Bernkastel-Kues. Viele sind sehr gut restauriert, einige verfallen und viele sind überputzt. Der Schiefer und Bruchstein prägen die Häuser, die meist auch noch erhalten sind. Enge Gässchen, viele Winkel sind in typisch moselländischer Form erhalten. Das Tal gab nie viel Platz für Häuser, gleichzeitig aber durch die Fruchtbarkeit und den Wein eine Lebensbasis für viele Menschen. So kam es, dass eng gebaut werden musste. Alle Dörfer und Städte des Moseltals sind seit der Römerzeit "Weinorte", charakterisiert durch die alten Adelshöfe, die Fachwerkbauten und die großen Steinhäuser der Winzerfamilien. Überragt von denkmalwerten Kirchen und mittelalterlichen Burgen bilden die Orte auch heute noch ein in sich geschlossenes Siedlungsbild. Auch die modernen Verkehrswege - Bahn, Straßen, kleine Brücken - passen sich noch dem Bild der Kulturlandschaft an.
Brücken:
Zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trabach gibt es sieben Brücken (Stromkilometer 107 bis 129), also durchschnittlich alle drei Kilometer eine.
Bernkastel-Kues: Kleine, zweispurige moseltypische Brücke, die gut in die Landschaft passt. Wehlen: Einzige Hängebrücke an der Mosel, Denkmal, integriert sich gut in die Landschaft und ist ein kleiner Hingucker, zweispurig und klein Zeltingen-Rachtig: Kleine, zweispurige Moselbrücke, Bruchstein, moseltypisch und unauffällig Lösnich: Niedriges Brückenbauwerk modernerer Art aber unauffällig Kindel: sehr schmales Bauwerk Wolf: unauffällig, keine Besonderheiten bekannt Traben-Trarbach: Brückenpfeiler Jugendstil, der Rest nach Sprengung wieder erbaut: zwar klein und niedrig, aber leider etwas unpassend. Durch Renovierung als Kompromiss noch akzeptabel, zumal das imponierende Jugendstil- Brückentor noch erhalten und in gut restauriertem Zustand ist. Jugendstil in Traben-Trarbach
Sonnenuhren in Wehlen Wehlen möchte Ort der 100 Sonnenuhren werden. Ein heimischer Künstler, Uwe Praus, schafft ausschließlich Unikate und hat schon über 50 Sonnenuhren, vorwiegend mit moseltypischen Materialien und großer Phantasie gebaut. Sie begegnen dem aufmerksamen Wanderer in Wehlen (3 km von Brücke, 600 m von Moselsporntrasse entfernt) auf Schritt und Tritt.
Literatur, Poesie und Musik
Literatur:
Mosella von Ausonius (371 n. Chr.): Die wohl erste Schilderung einer Kulturlandschaft befasst sich mit der Mosel. AUSONIUS befasst sich 371 n. Chr. in seinem Loblied „Mosella“ mit dem Fluss, der Landschaft und den Reben. Aus diesem Werk ist ersichtlich, dass bereits in dieser Zeit der Steillagen-Weinanbau praktiziert wurde.
Nikolaus von Kues (1401-1464): Philosoph, Theologe und Mathematiker – zahllose philosophische, theologische und mathematische Schriften
Die Safranhändlerin von Helga Gläsner (neuzeitl. Werk): Historischer Roman – spielt im 14. Jahrhundert, mit Bezug zu Traben-Trarbach und Umgebung
"Moselfahrt aus Liebeskummer" Rudolf G. Bindung, Novelle 1933
Musik: Operette "Zeltinger-Himmelreich" (von Werner Stamm8Die 1955)
In ihr wird in einem Werk die Weinlage "Zeltinger Himmelreich", die direkt durch die Trasse gefährdet ist, besungen, bedichtet und betanzt. Vermutlich die einzige Weinlage weltweit, die eine eigene Operette hat. Sie wird alle zwei Jahre von den Einheimischen in mehreren, ausverkauften Vorstellungen auf dem Marktplatz von Zeltingen aufgeführt.9
Denkmäler
Auffallend ist insbesondere die Dichte der Denkmäler in der Region um die Hochmoselbrücke.
Es wurden im Umkreis von 15 km um die geplante Brücke insgesamt 2056 geschützte Denkmäler gezählt.10 (Veranschaulichung s. Anlage). Die Brücke würde nach unserer Einschätzung von mindestens 93 Denkmälern aus gesehen werden.
Viele Denkmäler sind auf der oberen Darstellung noch nicht benannt. Neben den zwei mit der Ziffer 10 bedachten römischen Kelteranlagen ist in Erden direkt eine weitere, noch ältere Kelteranlage gefunden worden. Dass im Biberbachtal Biber leben, ist extrem unwahrscheinlich. Dies war aber nicht mehr aus der von Heimatkundler Uwe Praus zur Verfügung gestellten und oben eingebundenen PDF-Datei zu löschen.
In der letzten Darstellung steigt die Anzahl der Kulturdenkmäler proportional zum Kreisradius an. Die genaue Zahl ist im Kreis selbst eingetragen.
Archäologische Funde
Ca. 5000 v. Chr. Funde in Wehlen (ca. 2 km von Brücke entfernt)
Rachtig: Ca. 300 m von HMÜ entfernt. Bruchstücke einfacher Gebrauchsgefäße aus der Zeit 100 bis 300 n. Chr (Römer). Eine Scherbe aus Terra cotta fällt besonders auf, sehr fein gestaltet: stammt aus einem künstlerischen Zentrum, vermutlich jenseits der Alpen: Sehr feine Darstellung von Szenen mit Wein, Frohsinn, Freude und Liebe. Bilder der Weinverarbeitung, wie sie auf der Wandbemalung im Landhaus der Vettier in Pompeji dargestellt sind. Die Summe der Funde in Rachtig lassen darauf schließen, dass zu dieser Zeit schon Wein dort angebaut wurde.
Im Gebiet Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach wurden mehrere römische Weinkeltern nachgewiesen, darunter zwei um Bereich des Dorfes Erden (500 bis 800 m vom Zubringer Lösnich entfernt). Eine zwischen dem Kloster Machern und Ürzig (200 m von Brücke). Bei Lösnich (ca. 200 m von Zubringer) wurde ein römische Villa freigelegt. In Kindel, ca. 1 km vom Zubringer entfernt, wurde die gallorömische Figur der Gottheit „Sucelleus“ gefunden und auf das 3. Jahrh. n. Chr. datiert. Sie hat einen geschulterten Schlegel, eine Traube und Fässer unter dem Arm und ist der Schutzgott der Moselwinzer und Küfer. Es hat also damals schon Weinbau an der Mosel gegeben.
Kulturdenkmal „Römerbrunnen“ an der B50 neu Trasse Foto: Susanne Schug
Zahlreiche Burgruinen prägen das Bild beiderseits der Mosel. Von der Burg Landshut, die über Bernkastel gelegen ist, könnte man Teile der Hochmoselbrücke sehen, die Grevenburg über Traben-Trarbach, die Klosterruine bei Wolf und die Burgruine der Rosenburg bei Zeltingen. Die Grundmauern einer umfangreichen französischen Wehranlage aus der Zeit Ludwigs des XIV finden sich auf dem Mont Royal bei Traben-Trarbach.
Aus der Zeit Napoleons finden sich auf dem Moselsporn zwischen Longkamp und der Graacher Schäferei mehrere preußische Schanzenanlagen. Wesentlich umfangreicher sind die Relikte der wenige Jahre später durch die Franzosen erbauten Graacher Schanzen, welche etwa auf der Höhe der Graacher Schäferei den gesamten Moselsporn von der angrenzenden Hochfläche in Richtung Longkamp abtrennten. Ein Teil dieses Kulturdenkmals wurde bereits durch die ersten Bauarbeiten der B50 neu an einem Samstag zerstört.
Film und Fernsehen
Moselfahrt aus Liebeskummer (1953) mit vielen Bildern von der Mittelmosel insbesondere Bernkastel-Kues, die Weinlagen Wehlener Sonnenuhr und Erdener Treppchen. Regionaler Kultfilm.
Moselbrück (1987) wurde mit 30 Folgen im ZDF gezeigt und in Ürzig, direkt in der Nähe der geplanten Brücke gedreht – sehr viele Landschaftsbilder.
Quelle: http://tvlizenz.swr-media.de/production_detail.cfm?kat_id=4&film_id=223
Szene aus der Fernsehserie Moselbrück mit Liane Hielscher (Hanna) in einer der Hauptrollen. Hier vor dem Mönchshof in Ürzig. (Entfernung zur geplanten Brücke ca. 300 m)
Tierisch verliebt (2009) ARD. Drehort Bernkastel und Umgebung. Wieder wurde die Mosel mit ihren Weinbergen und Fachwerkhäusern offenkundig bewusst als Kulisse gewählt. Wie schon bei „Moselfahrt aus Liebeskummer“ spielte wieder das Motiv Schifffahrt ein Rolle, wieder zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach.
Weinbau
Mit 499 Weinbaubetrieben (neben- und hauptberufliche ab 4 ar Rebfläche) in den Orten um die Moselschleife bei einer Einwohnerzahl von gut 20.000 wird die hohe Bedeutung des Weinbaus im Herzen der Mittelmosel klar. Allein 112 Betriebe gibt es in Zeltingen-Rachtig und Ürzig, den beiden Gemeinden, die direkt von der Brücke betroffen wären. 11 Mit der Übersichtskarte (unten rechts) werden die Weinbergslagen dargestellt, die vom Hochmoselübergang (HMÜ) in unterschiedlichem Ausmaß betroffen wären.12
Weinbergslagen. die in unterschiedlichem Ausmaß von Brücke und Kraftfahrtstraße betroffen wären
Weinlage „Zeltinger-Sonnenuhr (Foto: Susanne Schug)
Die Mosel ist weltweit das einzige große Steillagen-Weinbaugebiet, das durch alle Krisenzeiten hindurch kultiviert wurde.
Die Hänge bildeten über die vielen Jahrhunderte eine Art „Lebensversicherung“.
Wie Glieder einer Perlenkette reihen sich in dem betroffenen Gebiet auf der rechten Moselseite weltberühmte Spitzen-Steillagen in einer Länge von etwa fünf Kilometern aneinander. Fast ausnahmslos werden dort Riesling-Weine kultiviert, die hier auf beste Bedingungen treffen. So ist es kein Zufall, dass hier der größte zusammenhängende Riesling-Steilhang der Welt zu finden ist.
Blick auf Zeltingen in Richtung Bernkastel entlang der weltbesten Rieslingweinlagen mit den für den Wasserhaushalt bedeutsamen Gipfelwäldern auf dem Moselsporn (Foto Susanne Schug)
Das Terroir ist hierbei von übergeordneter Bedeutung für die Chance, mit der Rieslingrebe Weine höchster Qualität und Weine außerwöhnlich langer natürlicher Haltbarkeit bei niedrigem Alkoholgehalt produzieren zu können. Die Haupteinflussfaktoren sind hierbei
Die überwiegende Arbeit in den Weinbergssteillagen erfolgt per Hand. Trotz dieser kostenintensiven Bearbeitungserfordernis werden gerade im betroffenen Bereich der Mittelmosel die Weinberge nach wie vor erfolgreich bewirtschaftet und die Weine weltweit gefeiert, während an anderen Teilen der Mosel immer mehr Brachflächen zu sehen sind.
Auf einer Weinlagenkarte aus dem Jahr 1868 (nächstes Bild), die das ganze Mosel-Saar Gebiet abdeckt, fällt bereits die Einordnung der betroffenen Weinberge in die höchsten Steuerklassen und damit höchste wirtschaftliche Bewertung auf. Eine Kopie wird als Anlage beigelegt.
Ausschnitt einer Karte aus dem Jahr 1868: Je dunkler der Ton, desto höher die erzielbaren Preise: Farbenerklärung: Weingärten, bei der Grundsteuer Regelung eingeschätzt zu Silbergroschen (gelb) von 15 bis 105, (rosa) " 150 bis 300, (rot) " 420 bis 780
Wirtschaftlich beeindruckend sind auch etwa die Preise, die Weine aus den betroffenen Lagen bei Auktionen erzielen können: Bei zwei Auktionen im September 2009 in Bernkastel und Trier wurden aus den betroffenen Weinlagen zwischen Ürzig und Bernkastel 3297 Flaschen Wein zu einem Gesamtpreis von 221.595 Euro versteigert.
Bernkasteler Ring: 1.366 Flaschen für 85.345 Euro Großer Ring/VDP Mosel-Saar-Ruwer: 1.951 Flaschen für 136.250 Euro
Viele Winzer besitzen ausschließlich oder fast ausschließlich Weinberge in den von der B50 neu mittelbar oder unmittelbar betroffenen Gebieten. Deren Einkommen und teilweise Existenz ist von der weiteren Güte ihres Ertrags und vom Renommé der Weine abhängig.
Die Bedeutung der Weine rund um den Erdball mögen beispielhaft Presseartikel verdeutlichen, die wir über die Erfolge des Weinguts J.J. Prüm in Bernkastel-Wehlen der Anlage beifügen. Dr. Katharina Prüm führt inzwischen zusammen mit ihrem Vater Dr. Manfred Prüm den renommierten Familienbetrieb, dessen Weine am englischen Hof oder zum G8 Gipfel kredenzt werden. Sie ist zusammen mit ihrer Familie eine der aktivsten Gegnerinnen des Hochmoselübergang und fürchtet um die Qualität ihrer Weine.
Bild unten: FINE - Das Weinmagazin Ausgabe 2/2008, Seite 1
Neben vielen kleineren, europaweit liefernden Winzern beteiligen sich weltweit renommierte Spitzenweingüter, am Protest. Z.B. Weingut Dr. Loosen, Weingut Markus Molitor, Weingut Willi Schäfer oder auch die Inhaberfamilie Michael und Dr. Renate Willkomm der Firma Mertes KG, der größten deutschen Weinkellerei.
Tourismus13
Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über die Bedeutung des Tourismus für die Region.
15 Der Kreis Bernkastel-Wittlich gehört zum Feriengebiet Mosel-Saar und stellt dort von allen Landkreisen die meisten Betriebe und Betten. Passend dazu werden dort auch die meisten Gästeankünfte registriert. Er liegt dabei deutlich vor Cochem-Zell und der Stadt Trier. Das Feriengebiet Mosel-Saar wiederum beherbergt die meisten Gäste unter allen Ferienregionen in Rheinland-Pfalz.
Die folgenden touristischen Daten wurden für den Kreis Bernkastel-Wittlich 2005 ermittelt (S. 34): Einwohner: 84.659, Übernachtungen: 2.436.542, Bruttoumsatz 278.475.448 €, 246.757.094 €, indirekte Wertschöpfung: 47.892.489 €, Nettowertschöpfung: 135.007.953, Steueraufkommen für die Gemeinden: 6.168.927 €, Anteil am Volkseinkommen 9,68 %, Beschäftigungseffekt 8.194, verfügbares Einkommen 16.475 €, Volkseinkommen 1.394.841.684 €.
Bei Einwohnerzahl und Übernachtungsdaten bestehen Differenzen zu den Angaben des Statistischen Landesamtes, die auf die Schnelle nicht erklärt werden konnten.
Bei einer Abschätzung um den Moselsporn wird folgendes Verfahren angewendet:
1. Berechnung der Daten für jeweils eine Übernachtung 2. Multiplikation mit den Übernachtungszahlen um den Moselsporn
Schritt 1: Pro Übernachtung (Daten aus Touristikgutachten 2005): 114,29 € Bruttoumsatz 101,13 € Nettoumsatz 19,66 € Indirekte Wertschöpfung 55,41 € Nettowertschöpfung 2,53 € Steueraufkommen für Gemeinden 0,003363 Vollzeitarbeitsplätze für den Beschäftigungseffekt
Schritt 2: Multiplikation mit Übernachtungszahlen der Moselschleife (1.594.012):
Tourismus um den Moselsporn (Berechnung basierend auf
den Daten des statischen Landesamtes und dem Forschungskreis
Tourismusmanagement Trier)
Die Bedeutung des Moselsporns für den Tourismus und für die Einheimischen Der Moselsporn ist mit Wanderwegen durchsät, die in der Zeit vor der Motorisierung als kurze Verbindung zwischen den Dörfern und Städten um die Moselschleife genutzt wurden. Schulkinder aus Bernkastel besuchten auf dem Fußweg über den Moselsporn das Gymnasium in Traben-Trabach, Kirchgänger aus Erden und Lösnich besuchten die Messe in Zeltingen und Juden wurden abseits der christlichen Friedhöfe auf dem Berg bestattet und schließlich verliefen hier Handelswege in den nahegelegenen Hunsrück. Auch die Römer hatten sich eine Straße gebaut, zahlreiche römische Funde sowie der Römmerbrunnen geben Zeugnis von geschäftigem Treiben. Auch gab und gibt es noch heute bewirtschaftete Felder heimischer Bauern, die Gemüse und Getreide anpflanzen. Ebenso nutzen dort Kühe, Pferde, Ziegen und Schafe Teile des Moselsporns als Weideland.
Kühe auf dem Moselsporn (Foto: S. Schug)
Die wohl herausragendste Rolle des Moselsporns heute ist, dass er als Naherholungsgebiet für die Bewohner um die Moselschleife und als hoch frequentiertes Wandergebiet für Gäste dient.
Da auf dem Bergplateau noch überwiegend naturnaher Wald ist, lädt das Gebiet besonders auch in den heißen Sommermonaten zu Wanderungen ein. Schutzhütten, Vereinsheime, Bolzplätze, Waldspielplätze sind auf dem Moselsporn zu finden und werden rege genutzt.
Alle Gemeinden um das Moselsporn empfehlen ihren wanderfreudigen Gästen meist bereits am ersten Tag die Route über den Moselsporn zu einer der Städte (Traben-Trarbach oder Bernkastel-Kues) an. Nachdem die Gäste sich dann die Städte angeschaut, dort gespeist und Kulturangebote wahrgenommen haben, wird die Rückfahrt meistens per Schiff angetreten.
Hier beispielhaft die Werbung für die Strecke Bernkastel-Kues nach Traben-Trabach, die auf der Internetseite der Touristinformation in Bernkastel-Kues veröffentlicht ist.16
Der Wanderweg nach Traben-Trarbach startet am »Graacher Tor« (dem Stadtmuseum) in Bernkastel. Er ist ca. 6. Kilometer lang und belohnt den Wanderer mit einem schönen Ausflug durch die Wälder und Weinberge (darunter die berühmte Lage »Bernkasteler Doktor«). Er führt an den »Graacher Schanzen« vorbei, einer militärischen Anlage, die 1794 von den Preußen angelegt wurden, jedoch ein Jahr später von den Franzosen - wechselndes Kriegsglück schon damals - unter General Jordan als Vorposten der Festung »Mont Royal« fertig gestellt wurde. Von den Graacher Schanzen aus führt der Weg bergab durch dunkle Eichenwälder nach Traben-Trarbach. An einigen Stellen lichtet sich der Wald und erlaubt einen herrlichen Blick auf das Moseltal. Für die Rückfahrt nach Bernkastel dürfen sich die Wanderer eine Fahrt auf der Mosel gönnen. In der Saison (Mai bis Oktober) fahren mehrmals am Tag Schiffe zwischen den beiden Moselstädten. Selbstverständlich steht die Möglichkeit, die Mosel - auf der Mosel - zu erleben, auch Nicht-Wanderfreunden zur Verfügung.
Eisernes Wegekreuz auf dem Moselsporn Foto: Uwe Praus
Das Eiserne Wegekreuz, oben fotografisch festgehalten, symbolisiert die kurzen und schon seit langer Zeit genutzten Wege, zeigt den Weg zu den Graacher Schanzen, den Moselhöhenweg und mehrere Walkingstrecken.
Flora und Fauna auf dem Moselsporn Das Moseltal gliedert sich – gerade im Bereich zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach – in eine Vielzahl z.T. sehr gegensätzlicher Biotoptypen, welche oft kleinflächig parzelliert dich beieinander zu finden sind. Streuobstbestände auf der Graacher Höhe (100 m von Trasse) sind hier hervorzuheben. Oberhalb angrenzend an die Weinbergslagen sowie an den nordexponierten Hängen sind großflächig Eichenwälder z.T. in seltenen, Wärme liebenden Assoziationen zu finden. Auf dem Moselsporn ist die Vielfalt besonders bunt: Quellfluren – z.T. mit Knabenkräutern – wechseln sich ab mit trockeneren Extensiv-Wiesen und extensiven Ackerflächen. Goldhaferwiesen und Borstgroswiesen markieren den Übergang zum mortanen Florenbereich. In den Waldgebieten zeugen häufige Vorkommen von Steckpalmen von dem atlantisch geprägten Klima.
Orchidee auf der Graacher Höhe Foto: Susanne Schug
Es findet sich noch viel Extensivgrünland, darunter mehrere Ochideenwiesen sowie sehr naturnahe Waldbereiche.
Unbedingt zu erwähnen sind außerdem die Schluchtwälder entlang kleinerer Moselzuflüssse, welche die Hochfläche durchziehen.. Die Baumartenzusammensetzung aufgrund der Steillagen noch sehr ursprünglich. Hier ist vor allem eine außerordentlich hohe Artenvielfalt an Farnen seltenster Arten hervorzuheben. Neben den ausgedehnten Schluchtwaldbeständen von Tiefenbach-, Kautenbach- Ahringsbach- und Altlayer Bach-System ist vor allem ein kleiner, jedoch hervorragend ausgeprägter Schluchtwald bei Kindel zu erwähnen (1 km von Zubringer).
Im Moseltal sind zahlreiche wärmeliebende Tierarten zu finden, die hier den Nordrand ihres Verbreitungsgebietes erreichen, so z.B. die Zippanner, die Smaragdeichechse und der Apollofalter.
Die reich strukturierte Kulturlandschaft bietet ausgedehnte Rückzugsgebiete für zahlreiche gefährdete Tierarten, wie Wildkatze und Uhu. Insbesondere findet sich hier – auch aufgrund der zahlreichen, aus einer einstigen regen Bergbautätigkeit zurückgebliebenen Bergwerksstollen – eine außerordentlich hohe Arten- und Individuenzahl an Fledermäusen, darunter besonders seltene Arten, wie die Bechsteinfledermaus, deren Wochenstubengebiet mittig in der Trasse läge.
Verkehr
Straßen: Die Moselschleife wird durch die Autobahnen A 1 (Köln-Koblenz-Trier) und A 60 (von Belgien und den Niederlanden kommend) gut erschlossen, ohne dass der Verkehr das Gebiet belastet. Es gibt unter Normalbedingungen keine Staus.
Binnen sieben Minuten erreicht man von der A1 über die Abfahrt Wittlich-Mitte das Zentrum der Moselschleife, die Zeltinger Brücke. Vor dort aus geht es auf direktem Weg zu den verschiedenen Orten der Moselschleife an der Mosel entlang:
Bernkastel-Kues erreicht man von dort in sechs Minuten bei vier Kilometern, ortsdurchgangsfrei über die Umgehung in Wehlen. Traben-Trarbach ist mit 16 Kilometern in 19 Minuten über die gut ausgebaute B53 angebunden.
Wer auf der A 1 zwischen Koblenz und Trier oder erst recht der A 60 von Belgien nach Wittlich unterwegs ist, kann ganz entspannt fahren. Die Verkehrsdichte ist immer noch sehr gering – auf der A 60 zählte man unlängst nur gut 7.000 Fahrzeuge am Tag (zu den übrigen Verkehrszahlen vgl. Anhang). Ein Traum für Menschen aus Ballungsgebieten, die hier Erholung suchen, und ein unverzichtbares Plus für die Urlaubsregion. Längs der Mosel läuft der Verkehr – bis auf eine saisonale Spitze im September und Oktober ebenso stressfrei sowohl auf der B 53 als auch den Landstraßen, so dass die Gäste schon während der Fahrt offenkundig die schöne Landschaft genießen. Auch wenn einheimische Autofahrer gerade dann, wenn es sich um Wohnmobile handelt, sich nicht selten zu riskanten Überholmanövern ausholen, kann die Mosel auf diese Zielgruppe nicht verzichten. Jedoch könnte über die saisonale Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs die Situation mit Mehrwert für den Tourismus und die ortsansässige Bevölkerung verbessert werden (s. Alternativen).
Von der Hunsrückseite aus sind Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach ebenfalls sehr gut erreichbar. Zum Beispiel wird Traben-Trarbach über die B50 und L 190 in 22 Minuten bei 19 Kilometer Entfernung, Bernkastel-Kues in 30 Minuten bei 29 Kilometern erreicht, wenn die Fahrt beim Regionalflughafen Hahn beginnt. Der Hochmoselübergang wäre auch hier ein weiter und zeitraubender Umweg: Nach Traben-Trabach bräuchte man 24 Minuten länger und nach Bernkastel-Kues 19 Minuten, würde man sich wider den mutmaßlichen Angaben des Navis Richtung B 50 neu und Hochmoselbrücke begeben und die dann nächstliegende Moselabfahrt nehmen. Rad- und Wanderwege
Die Moselhöhen sind durchsät mit Wanderwegen, die Wirtschaftswege in den Weinbergen werden besonders von Mountainbikefahrern geschätzt und am Moselufer führt der Moselradweg entlang. Letzterer ist für Radfahrer und Fußgänger gedacht, jedoch weichen Fußgänger inzwischen oft in der Radsaison auf höher gelegene Wirtschaftswege und auf die Waldwege der Plateaus auf den Moselhöhen aus. Die hohe Frequentierung der Radwege führt dann regelmäßig zu Belästigungen der Fußgänger bis hin zu Gefahrensituationen. Wandernden Gästen wird aus diesem Grund eher selten der Radweg an der Mosel als Wanderweg empfohlen, nicht zuletzt der fehlende Schatten an heißeren Tagen wird bei der Routenwahl erwogen. Panoramawege entlang der Weinberge werden für Radfahrer beworben – die Brücke wäre weithin über diese Wege sichtbar.
Ein weiterer, sehr attraktiver Radweg ist der Mosel-Maare-Radweg, der Bernkastel-Kues mit Daun in der Eifel verbindet. Ein Radlerbus sichert den Rückweg der Tagesausflügler. Was definitiv fehlt ist ein direkter Radweg vom Hauptbahnhof Wittlich an die Mosel bei Zeltingen/Kloster Machern. Hier bleiben Potentiale sowohl für Pendler als auch für Touristen ungenutzt. Über die Bedeutung des Moselsporns als Wanderweg für Tagesausflügler aus allen Orten um die Moselschleife wurde bereits unter dem Artikel Tourismus berichtet. Alternativen zum Moselsporn wären immer zweite Wahl.
Als Fernwanderweg gewinnt im Zuge der Wiederentdeckung des Wanderns und des sanften Tourismus der insgesamt 350 km lange Moselhöhenweg beiderseits des Flusses zunehmende Bedeutung. Während ein Zweig zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach verläuft, führt ein anderer über die Ränder des „Daumens“ am Moselhandschuh, einer höchst attraktiven Schleife mit weiteren unvergesslichen Ausblicken ins Tal der Mittelmosel bei Wolf. Dieser Weg führt eine lange, etwa zwei Kilometer lange Strecke direkt dort entlang, wo die Trasse der B 50 neu verlaufen soll. Mehrfache Trennungen dieses Moselhöhenwegs durch die Kraftfahrtstraße wären unausweichlich.
Öffentliche Verkehrsmittel Um die Moselschleife verkehren Busse. Zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach wird z.B. Zeltingen – anders als andere Orte, die alternierend nach Moselseiten bedient werden, mit jedem Bus angefahren. Folgende Fahrten werden zum Beispiel nach Traben-Trarbach angeboten17:
a) Montags bis freitags: Morgens: 06:15 06:54 07:37 (vorwiegend Schulkinder) Vormittags: 10:46 Mittags: 12:26 12:26 12:50 13:20 13:22 13:14 13:25 13:25 (vorwiegend Schulkinder) Nachmittags: 15:01 15:46 15:46 16:23 17:54 Abends: 18:46
b) Wochenenden und feiertags: Vormittags:10:46 Nachmittags: 15:01 Abends: 18:46
Zum Hauptbahnhof nach Wittlich kommt man von Zeltingen tagsüber wohl über den Radler-Bus mindestens alle zwei Stunden. Um ein Übersicht der Busse zu erhalten, muss man entweder lange im Internet recherchieren (nach 20 Minuten habe ich es aufgegeben) oder man muss wohl an die Bushaltestelle selbst gehen, um die Verbindungen zu eruieren. Möglicherweise käme man auch per Telefon an die notwendigen Daten.
Vom Regionalflughafen Hahn aus geht keine öffentliche Verkehrsverbindung nach Bernkastel-Kues. Lediglich nach Traben-Trarbach fährt sieben mal pro Tag ein Bus über Umwege nach Traben-Trarbach. Er ist mit einer Fahrtdauer von 1 Stunde 20 Minuten für 19 km (Fahrzeit PKW:22 Minuten) vermutlich unattraktiv. Im Internet ist diese Verbindung ebenfalls sehr schwer zu finden.
Das Potential, das der öffentliche Nahverkehr gerade in der Saison zur Verkehrsentlastung des Moseltals und zur Zufriedenheit der Gäste dienen könnte, wird nicht genutzt.
Presselandschaft und die daraus resultierenden Probleme, die Bevölkerung über die Petition zu unterrichten
Um den Moselsporn gibt es drei regionale Presseerzeugnisse:
Zu 1: Trierischer Volksfreund:
Beim Sowohl Artikel als auch Leserbriefe zum Thema werden ausschließlich im Regionalteil „Mosel“ veröffentlicht. Regelmäßige Kommentare der Redakteure sind durchweg gegen die Kritiker gerichtet und befürworten das Bauvorhaben.
Am Beispiel der Berichterstattung am 24./25.4.2010 auf Seite 4 (Anlage 2) wird klar, wie die sprachlichen und redaktionellem Mittel eingesetzt werden, um dem Protest die Argumente zu nehmen: Ein großer Artikel zunächst relativ neutral und informativ gehalten, ein Kommentar verurteilt den Protest, es kommen Befürworter und Gegner zu Wort. Dann findet sich links unten ein Info-Kästchen, mit einer gravierenden Falschinformation über die Petition. Weniger Ortskundigen entgeht das Problem: Unten auf der selben Seite unter der Überschrift „Eine Riesenbrücke steht bereits“ wird damit begonnen, dass vor 40 (!) Jahren eine Brücke bei Winningen gebaut wurde.
„Mit einer Höhe von 136 Metern hat sie etwa die Dimensionen der im Bau befindlichen Brücke bei Ürzig.“ schreibt der Trierische Volksfreund in seiner Einleitung, wohl wissend, dass die Hochmoselbrücke eine Länge von 1.700 m und eine Höhe von 158 m gegenüber der Vergleichsbrücke in Winningen mit 935 m Länge hat. Und wohl wissend, dass die Brücke noch nicht einmal ausgeschrieben, geschweige denn im Bau ist.
Zur Einordnung dieser Aussage seien die beiden Brückenbauwerke hier noch einmal skizziert. Dem Trierischen Volksfreund lag diese Skizze vor:
Zur Information: Allein die Dimension ist unvergleichbar: 1.700 m Länge stehen 945 m gegenüber. 136 m Höhe stehen 158 m gegenüber. Ebenso ist die versteckte Lage der Winninger Brücke in einer Moselkurve nicht vergleichbar mit der exponierten Lage der Hochmoselbrücke, verkehrsmäßig ist kein Vergleich möglich ebensowenig wie die Beeinträchtigung der Weinberge und der Naherholungsgebiete. Der Trierische Volksfreund ist auch darüber informiert, dass die objektiven Zahlen zur Tourismusentwicklung in Winningen zeigen, dass dieser Ort nie wieder Anschluss an die positive Entwicklung im Feriengebiet Mosel-Saar fand. Trotzdem lässt er den Tourismusbüro-Leiter über eine angeblich positive Entwicklung sprechen und ebenso Winzer, die auf ein ganz anderes Problem eingehen, als das, welches von den Topwinzern der Mittelmosel angebracht wird. Niemand, der die regionalen Kenntnisse nicht hat, käme m. E. noch auf die Idee, bei den vermeindlich positiven Erfahrungen der Winninger mit ihrer Brücke die Petition mit zu unterzeichnen.
Eine Beschwerde zur Berichterstattung im Petitionsverfahren wurde an die Redaktion geschickt. Die Mail war offenkundig nicht zur Veröffentlichung gedacht. Auszüge dieser Mail wurden nicht nur unter der Rubrik "Leser fragen, der Chefredakteur antwortet", veröffentlicht, sondern auch sinnentstellend gekürzt und ohne auf die eigentliche Kritik einzugehen öffentlich beantwortet.
Anfängliches
Schweigen, eine falsche und eine irritierende Darstellung des
Trierischen Volksfreunds wurde begleitet von Forderungen der
Petentin und auch des Petitionsbüros zur Richtigstellung.
Schließlich nahm die Petentin Kontakt mit dem Presserat auf und
informierte den Trierischen Volksfreund darüber. Erstmals
am 30.4. wurde dann sachlich korrekt im Regionalteil „Mosel“
über die Petition berichtet. Die
Zeichnungfrist endete am 13. Mai.
Teils wurde schon in der Überschrift falsch berichtet: Petition an Bundestag: 50.000 Unterschriften nötig“ oder Unsinniges behauptet (sinngemäß aus meiner Erinnerung: Ziel der Protestler sei es, 50.000 Stimmen über eine Massenpetition mit Einzeleingaben hin zu bekommen. Diese müssten dann im Petitionsausschuss einzeln aufgerufen werden).
Zu 2: Amtliches Mitteilungsblatt der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues
In dem Mitteilungsblatt kommen normalerweise Vereine und Parteien zu Wort. Sie können kleine Artikel über eine Wanderung, ihre Jahreshauptversammlung und ähnliches schreiben. Beiträge des Vereines Konzepte für den Lebensraum Erde - Agenda 21 e.V., kurz KLAG e.V., werden nicht oder in veränderter Form abgedruckt. Auf Nachfrage hin wurde uns mitgeteilt, dass man Neutralität wahren wolle. Eine Veröffentlichung eines Hinweises auf die Petition wurde ebenfalls verweigert.
Zu 3 Bernkasteler-Wochenspiegel
Der Bernkasteler Wochenspiegel berichtet selten, aber wenn dann sachlich über die Protestbewegung. Er erfüllt jedoch nicht die Aufgaben einer regionalen Tageszeitung. Über die Petition wurde trotz entsprechender Pressemitteilungen der Bürgerinitiative nicht berichtet. Stimmung in der Bevölkerung
Es gibt keine Untersuchungen zur Frage, wie die Bevölkerung zum Hochmoselübergang steht. Lediglich bei einer Veranstaltung des Trierischen Volksfreundes in Ürzig, bei der je zwei Brückengegner und -befürworter geladen waren, wurden anschließend Kärtchen an das Publikum verteilt, mit der Frage, ob sie für oder gegen den Bau seien. Die Abstimmung ging mit über 80 % zugunsten der Brückengegner aus.
Die 80% sind kein Zufallsprodukt gewesen und kommen in etwa auch heute noch hin. Jedoch sind viele des jahrelangen Kampfes müde, glauben oft, dass nichts mehr zu machen sei.
Resignation, Ohnmachtsgefühle und Politikverdrossenheit beherrschen die viele Menschen, wenn es um das Thema Hochmoselübergang geht. Die inzwischen begonnenen Rodungs- und Bauarbeiten treiben einigen Tränen in die Augen. Sie gehen nicht mehr zum Naherholungsgebiet Moselsporn, da sie die Traurigkeit, die sie befällt, als unerträglich empfinden.
Dies ist nicht verwunderlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Verantwortlichen immer darlegen, es gäbe kein Zurück mehr, seit der Planfeststellungsbeschluss Gültigkeit besitzt. Das Argument, dass nicht Gerichte in Deutschland über den Bau entscheiden, sondern die gewählten Politiker (Gewaltenteilung) geht oft ins Leere.
Tatsächlich versuchen inzwischen Regionalpolitiker mit Verweis auf ihre bewusste Zurückhaltung bei den Diskussionen, der guten Zusammenarbeit mit der Regierung und der existentiellen Sorgen ihrer Winzer und Gastronomen Geld für viele Projekte zu erhalten: Hochwasserschutzmaßnahmen, Schulumbau, Flurbereinigung, Sanierung Gemeindehaus, Straßenbaumaßnahmen, Illumination der Brücke...
Es gibt – geht man weiter an der Moselschleife von der Brücke weg – auch einige, die für den Hochmoselübergang sind:
Viele Menschen erwarten entgegen jeglicher geografischer Lagebeziehungen unrealistische Fahrtzeitgewinne. Bis vor kurzem gab es diese Erwartungshaltung sogar innerhalb der Bürgerinitiative. Erst Routenplaner-Vergleiche führten zu realistischeren Einschätzungen, die Ergebnisse dieser Analysen müssten aber weiter gestreut werden, um objektive Informationen zu ermöglichen. Man stelle sich nur die kollektive Enttäuschung und die Folgen davon vor, sollte je gebaut werden.
Obwohl leicht nachweisbar ist (s. Kapitel 3), dass die Anbindung des Moseltals z.B. aus Richtung Belgien und den Niederlanden nur punktuell am Zubringer Lösnich verbessert wird, glauben viele Menschen, ihre Gäste aus den Niederlanden und aus Belgien kämen schneller ins Moseltal. Es herrschen unrealistische Vorstellungen davon, wie viel Zeit Moselaner durch den Hochmoselübergang bei Fahrten ins Rhein-Main Gebiet oder nach Trier sparen könnten.
So war ein Traben-Trarbacher felsenfest davon überzeugt, er würde mit dem Hochmoselübergang mindestens 15 Minuten Zeit sparen, wenn er nach Trier wolle. Tatsächlich würde er über den Hochmoselübergang 10 km weiter fahren müssen und etwa gleich lang brauchen. Eine Person aus Bernkastel meinte ebenfalls, sie spare viel Zeit auf ihrem Weg nach Trier. Tatsächlich müsste er 15 Minuten länger einplanen bei 16 km Umweg.
Da viele Menschen meinen, sie würden bei ihrem täglichen Weg zur Arbeit viel Zeit sparen, gibt es – insbesondere an den Randgebieten des Moselsporns, auch Befürworter. Es ist sehr schwer, diese Menschen objektiv zu informieren.
Immer wieder wird die Winninger Brücke vergleichsweise als vermeindliches Positivbeispiel genannt, obwohl die Bauwerke und die sie umgebenden Bedingungen kaum Gemeinsamkeiten besitzen. Winninger Bürger erzählen – in Unkenntnis der touristischen Fakten, die Brücke habe nicht geschadet, sondern gar genutzt. Winzer berichten, ihre Weinberge hätten nicht gelitten, was vermutlich aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen auch stimmt. Das hinterlässt Spuren in der Bevölkerung, die nicht selten die Auffassung vertreten, die Brücke begünstige Tourismus.
Es gibt darüber hinaus einige Brückenbefürworter,
die Brückengegner beschimpfen und wirtschaftlich bedrohen.
Viele Winzer, Gastronomen und Geschäftsinhaber trauten sich
nicht, Unterschriftenlisten gegen den Brückenbau
auszulegen, da sie um ihre Kundschaft fürchteten.
Das Potential an Petenten kann vor allem deshalb nicht ausgeschöpft werden, weil viele Gastronomen und Winzer, die gegen den Brückenbau sind, ihre e-Mail Verteiler nicht nutzen, aus Angst, die Gäste würden dann keinen Wein mehr bestellen oder nicht mehr in die Gegend kommen, wenn die Brücke dann doch käme. Sie wollten Ihre Kunden nicht mit der Nase auf das Problem stoßen, was wirtschaftlich nachvollziehbar ist.
Zusammenfassend kann für die heimische Bevölkerung gesagt werden, dass jahrzehntelange Auseinandersetzungen ihre Spuren hinterlassen haben. Bei vielen Menschen vor Ort herrscht großer Unmut, sich mit dem Problem erneut zu befassen. Nicht selten begegnet einem ungewöhnliche Aggressivität, weil die Betroffenen in Ruhe gelassen werden wollen. Der Beginn der ersten Bauarbeiten hat die Diskussion jedoch neu aufflammen lassen. Empörung, Trauer paaren sich zur Zeit mit Ohnmachtsgefühlen und Resignation. Die rege Beteiligung an der Petition zeigt gleichzeitig auch Hoffnung, dass es noch über demokratische Prozesse es zum Baustopp kommen kann.
In geringerem Maße vom Bau Betroffene betonen häufig die vermeintlichen Vorteile der Straße, welche jedoch durchweg falsch eingeschätzt werden. Mit den ganz konkreten Auswirkungen auf die eigenen Fahrten, die sie tagtäglich zurücklegen, hat sich kaum jemand auseinandergesetzt.
Ein letzter Aspekt ist die offizielle Meinung der politischen Parteien, der Bau werde viele Arbeits–plätze in der Region schaffen und sogar den Tourismus fördern. Hierin sehen viele eine große Chance, ohne diese jedoch genau zu hinterfragen. Tatsächlich ist auffällig, dass keiner der Befürworter konkret erläutert, inwiefern hier Arbeitsplätze geschaffen werden könnten.
Die Stimmung unter den Touristen ist völlig anders. Bei Unterschriftenaktionen fragen die Gäste nach der Möglichkeit, ihre Stimme abgeben zu können. Die Urlaubsgäste schätzen die Region und können nicht verstehen, wie die Verschandelung dieser Landschaft politisch gewollt werden könnte. Die Hochmoselbrücke wird fast unisono als Fremdkörper in der Mosellandschaft empfunden. Fragen nach dem Sinn der Verkehrsverbindung wurden bei höchstens einem Drittel der Touristen gestellt. Offenbar genügte den meisten das Argument der Landschaftsschändung.
2.300 Menschen haben 1999 bei der Planfeststellungsbehörde Einwendungen vorgebracht. Rund 3.500 Personen sind im Internet-Netzwerk „wer-kennt-wen“ Mitglied in Protestgruppen gegen die Hochmoselbrücke. Wer-kennt-wen ist im Südwesten Deutschlands weit verbreitet. Weitere Gruppen gibt es bei Myspace, Facebook und Greenaction (Greenpeace).
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